19. September 2015 6 19 /09 /September /2015 23:00

Samstag, 19.09.15

Heute ist wieder mal "Frühdienst" gefordert, um 7.30 läuten bereits die Wecker, denn um 9 Uhr sollte ich im 30 km entfernten Lajes do Pico zum Briefing für die Walbeobachtungstour erscheinen. Wieder bin ich beim Zmorge der einzige, heute wohl auch der erste, denn von den fünf vorbereiteten Gedecken ist noch keines angerührt. Dafür kommt jetzt mal der Chefe vorbei und drückt mir das Pfötli. Die Sonne kommt eben hinter dem Pico hoch, der Gipfel OHNE Wolken, wunderbar! Ich düse Richtung Südosten, den Weg kenne ich ja schon, und die benötigte Fahrzeit hatte ich mir gestern auch gemerkt, es hat eh kein Verkehr. Nur einmal muss ich wirklich kurz anhalten, um den besonnten Pico-Gipfel zu föttelen, man weiss ja nie... Als ich um 8.58 ins Wahlbeobachtungs-Begegnungszentrum trete, hat die Veranstaltung bereits begonnen, ich habe aber nichts verpasst, muss mich nur noch in ein Logbuch eintragen. Dann werden einem die Philosophie des Unternehmens erklärt (möglichst schonender Umgang mit den Tieren, selbst auferlegte Disziplin und Zurückhaltung aller vor Ort operierender Beobachtungsteams usw.), die Walarten vorgestellt, die man zu Gesicht bekommen könnte sowie Sicherheit und Verhalten an Bord der Boote besprochen. Etwas überrascht vernehme ich, dass wir mit Schlauchbooten rausfahren werden, ich hatte mir eher sowas wie ein Fischkutter vorgestellt. Nun gut, wir erhalten noch Regenjacken und Schwimmwesten und gehen dann rüber an die Marina, wo die zwei Boote auf uns warten. Die Schlauchboote sind von der feudaleren Art, Rucksack und Kleider kann man spritzgeschützt unter dem Sitz verstauen, nur zwei Reihen Sitze hintereinander, so dass jeder eine gute Sicht in alle Richtungen hat, und auf der Fahrt zum ersten Spot bleiben wir auch wirklich trocken (ich will schon loben). Entlang der Küste hat es mehrere Walbeobachtungstürme, die früher für den Walfang genutzt wurden. Seit den 80er Jahren, nachdem der Walfang verboten wurde, sind sie nun umfunktioniert und dienen, oft sogar mit dem selben Personal wie zuvor besetzt, dem Whalewatching. Werden Wale gesichtet, werden die Boote per Funk an die betreffenden Orte geleitet. So treffen auch wir bald auf ein Grüppchen Pottwale, sogar zwei Junge sind dabei. Nun ist es ziemlich schwierig, ein Tier, von dem nur etwa ein Zehntel kurz sichtbar aus dem Wasser kommt, aus der Entfernung vom schwankenden Boot aus zu fotografieren, so habe ich am Schluss von etwa 40 Fotos zehn Aufnahmen, wo man etwas drauf sieht, das ein Wal sein könnte, davon immerhin drei gar nicht so schlechte Bilder. Wenigstens habe ich diesmal Wale gesehen, nicht so wie damals auf Hawaii... Nach einer Viertelstunde verlassen wir die Walgruppe (eine der selbstauferlegten Regeln), treffen wenig später noch auf eine Meeresschildkröte, die fast ins Boot springen will, dann geht der Höllenritt los. Mit vollem Tempo preschen wir über die Wellen, um den Bereich eines anderen Boebachtungsturms zu erreichen, wo weitere Wale oder Delphine vermutet werden. Nun werden wir wirklich nass, und da keine Tiere mehr gefunden werden, düsen wir gute eineinhalb Stunden ohne Zwischenhalt übers Wasser. Mir wird langsam schlecht, aber nicht etwa wegen Seekrankheit, sondern nur vom Salzgeschmack des Spritzwassers, das "wäuele" an sich wäre noch lässig. Und meine (Süss-)Wasserflasche wäre ja nicht weit, ich sitze drauf, doch um sie in meinem Rucksack zu erreichen, müsste ich aufstehen und meinen Sitz hochklappen, aber bei dieser Geschwindigkeit geht das unmöglich. Nach einer gefühlten Ewigkeit kehren wir endlich in den Hafen zurück, erhalten nun auch noch etwas zu Trinken, dazu ein Zertifikat, in welchem die Tierarten eingetragen sind, die wir gesehen haben, bei uns genau eine (die Schildkröte zählt nicht), bei der andern Gruppe warens immerhin drei, ungerecht ist die Tierwelt! Fazit: das erste Drittel der Tour war grandios, den Rest kann man vergessen, empfehlen würde ich es trotzdem.

Mit leicht gemischten Gefühlen ziehe ich von dannen, denn ich habe heute noch anderes vor. Zuerst fahre ich aber noch zu einem der Walbeobachtungstürme, um ihn aus der Nähe zu fotografieren. Draussen auf dem Meer kann ich weitere Wale ausmachen, oder sinds doch nur Wellen??

Von Lajes do Pico fahre ich nun hinauf auf eine Hochebene im Zentrum der Insel, um von dort später an der Flanke des Pico den höchsten Punkt anzufahren, den man mit dem Auto erreichen kann. An der Ostseite des Vulkans haben sich inzwischen wieder dichte Wolken gebildet. Ich versuche es zuerst noch auf dem 899 m hohen Pico da Urze, einem Nebenkrater, doch dort ist wieder mal Sichtweite gleich Null. Und nur 16 Grad warm im Gegensatz zu den 25 Grad unten an der Küste. Weiter um den Pico herum wird es dann aber immer besser, man sieht bis zum Gipfel hoch und auch weit aufs Meer und bis zu den Nachbarinseln hinaus, prächtiges Panorama, die Fotostopps nehmen rasant wieder zu. Schliesslich erreiche ich die Berghütte Cabeço das Cabras auf 1223 m.ü.M, von wo aus man in etwa dreieinhalb Stunden den Kraterrand des Pico erklimmen kann, nachdem man sich in der Hütte angemeldet und eingetragen hat. Da es inzwischen schon fast 16 Uhr ist, lasse ich dies besser sein, auch um meine Kondition nicht zu überfordern, und geniesse weiter die Aussicht auf den nun wieder wolkenfreien Vulkan. Damit ich wenistens die Wanderschuhe nicht umsonst mitgebracht habe, laufe ich noch etwa zwei Kilometer auf einem Bergweg dem Hang entlang bis zum nächsten Nebel, dann wieder zurück. Auf der Rückfahrt hinunter an die Küste muss ich mich auf der Hauptstrasse durch mehrere Kuhherden kämpfen, die gemütlich zu ihrer neuen Fressweide trotten und entsprechend Material auf der Strasse hinterlassen. Beim ersten Mal hatte ich noch ein schlechtes Gewissen, doch hier ist es wirklich schwierig, das Mietauto unten rum sauber zu behalten... Zurück im Hotel gibts dann erst mal eine kleine Ruhepause, später geniesse ich von meiner Terrasse aus den tollen Sonnenuntergang direkt neben der Insel Fajal. Morgen zur selben Zeit werde ich schon dort drüben in Horta sitzen, und dann hier hinüberschauen. Fürs Znacht fahre ich nochmals kurz hinunter nach Madalena, diesmal finde ich am Hafen ein Beizli, wo es sogar noch den Fish of the day gibt, spyci aber fein, ich habe jetzt noch Durst!
 

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